Loslassen und Herz öffnen

imageDas Jahr neigt sich dem Ende zu, und ähnlich wie im letzten Jahr (siehe „Oh Du Nachdenkliche“) ist es wieder recht unbesinnlich zugegangen in der Weihnachtszeit. Sie war auch überschattet von den Anschlägen auf Paris und der Flüchtlingskrise. Gleichzeitig hat auch wieder ein Klimagipfel stattgefunden, der zwar politisch und diplomatisch gesehen ein Erfolg war, aber praktisch auch nur der Ausgangspunkt und Startschuss zu vielen, vielen Taten ist, die erst noch erfolgen müssen um die Klimaziele umzusetzen. Daher macht es mich schon schwermütig zu sehen, dass die Menschheit so zerrüttet ist. Wir stehen vor einer globalen Herausforderung, für die wir eigentlich alle Kraft, Ressourcen und Kapazitäten brauchen.  Dennoch führen viele Nationen Kriege, andere morden und terrorisieren im Namen der Religion.  Und in Deutschland, wo wir gemessen an den meisten anderen Ländern dieser Welt auf einer Insel der Glückseligkeit leben, haben manche Angst vor ein paar Flüchtlingen und lassen den Wutbürger raus, anstatt mit anzupacken. Was all diese Krisen verursacht, kann man analysieren und verstehen, die Gründe sind so vielschichtig und komplex wie die Lösungsansätze sein müssten.

Aber weil diese Lösungen bislang nicht existieren, schlage ich den folgenden Ansatz vor, der zumindest keinem schadet: Loslassen und Herz öffnen.

Das hört sich für mich ungewohnt christlich an. Aber wenn wir alle von Selbstlosigkeit, Mitgefühl und Barmherzigkeit getrieben wären statt von Missgunst, Neid und Hass, könnten wir gemeinsam Kräfte bündeln und Herausforderungen meistern. Stattdessen dividieren wir uns auseinander und zerbröseln unsere Energie.

Nehmen wir die Flüchtlingskrise. Man kann das ganze in tausenden von Talkshows und auf politischer Ebene monatelang diskutieren. Darüber zu reden ändert doch nichts an der Tatsache, dass mehr Flüchtlinge kommen werden. Es gibt überall Krisenherde auf der Welt. Politische, religiöse, geopolitische, klimatische, wirtschaftliche…. Der afrikanische Kontinent, der wahrscheinlich alle Fluchtursachen in sich vereint, hat noch gar nicht angefangen, sich richtig in Bewegung zu setzen. Wenn die Meeresspiegel steigen oder auch andere Flecken auf der Erde nicht mehr zu bewohnen oder zu bewirtschaften sind, werden auch aus diesen Ecken Menschen kommen. Und die Konflikte im Nahen Osten sind auch noch weit entfernt von einer Lösung. Sie werden also kommen. Man kann jetzt also passiv bleiben, das Thema zerreden und abwarten. Man kann destruktiv sein und über Mauern und Grenzen sprechen, Fremdenhass und Angst schüren. Oder man kann konstruktiv sein und anfangen sich darauf vorzubereiten, was man in der Vergangenheit leider versäumt hat. Dazu gehört dass man effektive Systeme und Mechanismen aufbaut, Kommunen stärkt, genügend Kapazitäten aufbaut um mit den Menschen, die kurz oder lange bleiben, umzugehen. Es ist nun mal nicht so, dass nur wir Deutsche das Recht auf Glück, Sicherheit und Frieden haben. Oder nur wir den Wohlstand gepachtet haben. Es wird einfach kein Weg daran vorbeiführen, dass wir alle etwas zusammenrücken und teilen werden müssen. Ist das so schlimm? Würden wir uns das selbe nicht auch von anderen erhoffen, wenn wir in einer schlimmen Lage wären? Ich glaube das einzig Konstruktive ist, sein Herz zu öffnen, mitfühlend zu sein und loszulassen von der Vorstellung, dass wir alle auf Dauer so weiterleben können.

Dies führt mich zum nächsten Punkt, das Klima. Die Ziele stehen fest, aber die Arbeit muss noch getan werden und noch mehr darüber hinaus. (Hier übrigens eines schöne Kurzanalyse zum Parisabkommen) Die Commitments, die bisher von allen Nationen gemacht wurden reichen nicht für das sogenannte 2-Grad-Ziel, sondern bestenfalls für 2,7 grad Temperaturanstieg. Die Weltgemeinschaft muss also noch ein Schippchen drauflegen. Da wir keine separaten Erdbälle haben muss jedes Land sein Maximum zum großen Ganzen leisten. Da bringt es auch nichts, zu schmollen, wenn China und Indien nicht mitspielen wollen. Warum? Weil das ganze Spiel verloren ist, wenn wir alle bocken. Leider scheint man zu glauben , dass diese Ziele größtenteils mit grüner Energie zu schaffen sind. Von Einschränkung und verändertem Konsumverhalten ist leider nicht die Rede. Auch hier wundere ich mich wieder positiv über den Pontifex, der diesen wichtigen Punkt wieder betont hat. Aber so wie jedes Land das tun muss, was es kann, gilt das auch für jeden einzelnen. Jeder hat täglich tausende Wahlmöglichkeiten sich klimafreundlich oder -unfreundlich zu verhalten. Wenn jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten täglich so oft er kann das Richtige statt dem Falschen tut, wäre es hilfreich anstatt schädigend. Das bedeutet ggf. auch mal einen wirtschaftlichen Vorteil aufzugeben, mehr Geld oder Zeit zu investieren, ohne dass was für einen selbst rausspringt – einfach nur weil es richtig ist. Wir müssen eine gewisse Selbstlosigkeit lernen. Und auch hier müssen wir vielleicht Vorstellungen loslassen, die uns unsere Gesellschaft heute noch vorgibt. Heute haben es die Mitfühlenden und Barmherzigen mit Sicherheit nicht leicht zwischen all den Erfolgs- und Leistungsorientierten. Es wird uns aber weder als Individuum glücklicher machen noch die Menschheit überleben lassen, wenn jeder gegen jeden um seinen persönlichen Vorteil kämpft, auf persönliche Macht und materiellen Reichtum bedacht.

Amen!

Ich weiß, dass das eine Predigt war :-). Aber ich brauche immer wieder kleine Hoffnungsschimmer um mich herum. Und so gesehen habe alle Menschen in Wirklichkeit verdammt viele Handlungsoptionen, jeden Tag, mit der sie die Weltarchitektur mitgestalten können.

Und so will ich auch in das neue Jahr 2016 starten. Mit Hoffnung, Tatendrang,  Nutzloses los lassend und Gutes Willkommen heißend.

2 Kommentare zu “Loslassen und Herz öffnen

  1. Vielen Dank für Deine Predigt. „Wir müssen eine gewisse Selbstlosigkeit lernen“ – du hast so Recht! Wenn ich die Gesellschaft anblicke, beschleichen mich Zweifel, aber wenn ich mein weiteres Umfeld ansehe, habe ich große Hoffnung. Da sehe ich viel Veränderung, viel Sehen und Erkennen, viel Umdenken.

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