Work in progress (7)

Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich diesen Blog gestartet. Neben den vielen kleinen Dingen, die ich im Alltag nun anders mache, hat sich am meisten mein Bewusstsein verändert. Vor einem Jahr noch hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass ich Körperpflege mit Seife, Apfelessig und Kokosöl betreibe. Dass ich so gut wie nicht mehr in normale Supermärkte gehen würde. Mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren würde. Fast nur noch Second-Hand-Kleidung für die Kinder und mich kaufen würde. Ich bin sehr glücklich darüber, so viele neue Erfahrungen gemacht und Alternativen kennengelernt zu haben und merke, wie mein Fokus sich verändert hat. Was sind Dinge, die wirklich wichtig sind? Dinge die ich wirklich haben muss? Werte, die ich meinen Kindern vermitteln möchte? Wie soll mein Umgang mit anderen Menschen sein?
Neben den alltäglichen Dingen, die man aktiv tun kann, die ein ewiger „work-in-progress“ sind, habe ich Informationen über alle möglichen Themen aufgesaugt, die mit der Anpassung des Menschen an den Klimawandel zu tun haben. Es hat mich teilweise etwas in den Wahnsinn getrieben, deprimiert und gelähmt. Aber es hat mir erlaubt, mir eine Meinung zu bilden und sprechfähig zu sein zu manchen Themen. Ich habe eine neue Weltanschauung. Ich bin auf einem guten Weg.  Ich bin Teil einer solidarischen Landwirtschaft geworden. ich erkenne, dass es noch viel zu tun gibt und freue mich drauf.
Ich hoffe, dass ich ein kleines Zahnrädchen bin, dass den notwendigen Wandel vorantreibt, wobei die Zeit und das System, in dem wir uns wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich befinden, ein großes Zahnrad ist, das noch gegen diesen Wandel arbeitet.

Hier meine Fortschritte der letzten Monate in meinen Bemühungen

  • regional und saisonal zu kochen,
  • weniger Auto zu fahren
  • und wie ich es schaffe eine Shopping-Sucht zu entwickeln und gleichzeitig Konsum zu drosseln 😉

Saisonal und regional kochen:

Hier bin ich in einem interessanten Prozess: Es ist nämlich nicht mehr so, dass ich überlege, was ich einkaufe, sondern unser Solawi-Gemüse bestimmt, was gekocht und ergänzend gekauft wird. Dabei wird es manchmal auch recht experimentell. Was tut man beispielsweise, wenn man in einer Woche 5 Salatköpfe verputzen muss mit zwei Erwachsenen, weil es auf dem Feld eine Salatschwemme gibt? Salatquiche! Ja, das geht, man kann Salat genauso behandeln wie Spinat oder Mangold, und es schmeckt richitg lecker! Die Fülle von Gemüsen zwingt mich manchmal auch darüber nachzudenken, wie ich Lebensmittel haltbar machen kann, von denen absehbar ist, dass ich sie nicht im Laufe einer Woche verbrauchen kann. Was unsere Großmütter standardmäßig konnten muss ich mir erstmal erarbeiten: Die Kunst des Einmachen, Einlegen und Einkochen. Als die Tomatenschwemme kam, habe ich dann angefangen, Tomatensauce einzukochen. Klappte super! Da ich jetzt schon weiß, dass bald die Kürbisschwemme kommt, überlege ich jetzt schon, wie ich den dann haltbar mache (Chutneys? Einlegen? Tipps gerne hierher @ganzundgarsaisonal ;-))

Konsum drosseln:

Bei jeden Wetterwechsel ist es dasselbe: Die Hosen der Kinder stehen auf Hochwasser, alle Leggings sind zerlöchert, Pullis sind zu eng. Und Mutti denkt: Für dieses Wetter hab ich nix anzuziehen! Also müssen neue Klamotten her und alte raus. Dafür gibt es wunderbare Second-Hand-Shops und wer diese nicht in der Nähe hat, kann Onlineplattformen wie mamikreisel, kleiderkreisel oder kleiderkorb nutzen, wo es tausende von gut erhaltenen bis neuwertigen Klamotten gibt, die preiswert abgegeben werden. Man kann dort komfortabel nach Artikel, Marke und Farbe suchen und findet wirklich die tollsten Sachen. Die Second-Hand Klamotte erhält man nicht nur zu einem günstigeren Preis als Neuware, sondern man sorgt dafür, dass Konsumgüter weiter benutzt werden, anstatt durch Neukauf wieder mehr Nachfrage zu bilden. Für mich hat es absoluten Suchtfaktor, da rumzustöbern und hübsche Sachen zu finden. Für unter hundert Euro hab ich meine beiden Kinder fit für die kalte Jahreszeit gemacht und diverse Hosen, Pullis und Jacken erstanden. Es gibt sogar Schuhe, Accessoires, Verkleidungen und vieles mehr. Ein paar Dinge wie Unterwäsche, Socken und Schuhe würde ich noch neu kaufen, aber alles andere darf gerne second-hand sein.
Umgekehrt kann man in selbigen Geschäften oder online auch die eigenen Klamotten loswerden, oder man macht…. Flohmarkt! Seit wir in den Bonner Rheinauen zum ersten mal selbst einen Stand hatten, bin ich auch davon begeistert. Es ist unfassbar was für Schätze die Leute in ihren Kellern haben und für was für Dinge man noch dankbare Abnehmer findet. Es macht richtig Spaß zu stöbern und zu handeln und zu verkaufen und mit den anderen Verkäufern ein Schwätzchen zu halten….und natürlich auch selbst das eine oder andere Schnäppchen zu machen. Die Kinder helfen natürlich richtig dolle mit, für sie ist es ein Abenteuer. Neben ein paar verdienten Euro hat man auch das wunderbare Gefühl, sich zu „entrümpeln“. Probiert es mal aus! Und was man dort nicht loswerden kann, kann man spenden oder in einen Umsonstladen bringen. Hier zwei Tipps für Bonn: Waren aller Art können zur Schatzinsel gebracht werden, Fahrradspenden können im Bike-House abgegeben werden.

Fahrrad fahren

Statt einer Nähmaschine bekam ich in diesem Sommer ein Fahrrad. Jetzt wo auch Tha Force fleißig radelt, waren Fahrradausflüge geplant und kurze Wege sollten zukünftig nur noch mit dem Rad zurückgelegt werden.  Früher, wie auch in alten Beiträgen von mir nachzulesen ist, dachte ich, dass täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren mich zu viel Zeit kosten würde, die ich weniger arbeiten oder weniger mit den Kindern verbringen könnte. Aber so schlimm ist es gar nicht. Vielleicht gehen schon ein paar Minuten mehr drauf, aber die sind es wert. Man fühlt sich fitten und baut den Stress der Arbeit ab, während man die Kinder abholen fährt. Die können jetzt beide schon sehr gut Fahrrad fahren und freuen sich darüber, selbst zu fahren statt Gefahren zu werden. Inzwischen bin ich richtig genervt, wenn ich aus irgendwelchen Gründen das Auto nutzen muss – tja, so kann man sich ändern.

Sonstiges

Auch außer Haus, z.B. bei der Arbeit kann man versuchen Einfluss zu nehmen, im Rahmen seiner Möglichkeiten. Ich konnte z.B neulich meine Kollegen davon Überzeugen, eine papierlose Konferenz abzuhalten. Es ist ja schon schlimm genug, wenn auf internationalen Konferenten sämtliche Leute um den Globus jetten, um an einem Tisch zu sitzen. Aber wenn man dann noch jede Präsentation ausdruckt, verteilt, Ordner oder Tagungsmappen, schlimmstenfalls aus Plastik, für jeden Teilnehmer besorgt und zusätzlich USB Sticks oder PR Materialien, hat man wieder für einen ganz Haufen Müll gesorgt. Es geht definitiv auch ohne im Zeitalter von dropbox und Co und es kam wirklich gut an bei den Teilnehmern.

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Und hier ier noch eine kleine Upcycling Idee für Mädels:

Aus alten Leggings und T-Shirts kann man dünne Streifen schneiden, diese flechten und am Ende mit Holzperlen verknoten. Sehr „sick“!

 

 

7 Kommentare zu “Work in progress (7)

  1. Hallo!

    Ich finde es ganz wunderbar so „experimentell“ zu kochen. Bei uns ist es nämlich auch ganz ähnlich. Was gerade geerntet wird, bestimmt, was wir essen. Ich mag das voll gerne. Seitdem essen wir irgendwie viel abwechslungsreicher, auch wenn es vielleicht komisch klingt.

    lg
    Maria

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  2. Achso und das mit dem Essen-Puzzeln ist bei mir ähnlich. Ich kaufe fast nicht mehr nach Rezept ein, sondern nach Herkunft und Saison. Heißt ich gehe in den Supermarkt oder auf den Markt und schaue, was es da so aus Deutschland bzw. regional gibt und danach überlege ich mir dann was ich koche. Mag ich sehr gerne 🙂 Und tatsächlich werde ich besonders im Winter kreativer was das Kochen angeht und verwende (zwangsläufig) auch mal wieder die alt-bewehrten Gemüsesorten (Schwarzwurzeln, Kohl usw.) und nicht nur Tomaten, Paprika, Zucchini. So lief das nämlich früher – ziemlich langweilig auf Dauer!

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